Johannes von Tepl- Der Ackerman


  DER ACKERMAN. 
  Das erste capitel.

Grimmiger tilger aller lande, schedlicher echter aller werlte,
freissamer morder aller guten leute, ir Tot, euch sei
verfluchet! got, ewer tirmer, hasse euch, vnselden merung
wone euch bei, vngeluck hause gewaltiglich zu euch: zumale
geschant seit immer! Angst, not vnd jamer verlassen euch
nicht, wo ir wandert; leit, betrubnuß vnd kummer beleiten
euch allenthalben; leidige anfechtung, schentliche zuversicht
vnd schemliche verserung die betwingen euch groblich an
aller stat; himel, erde, sunne, mone, gestirne, mer, wag,
berg, gefilde, tal, awe, der helle abgrunt, auch alles, das
leben vnd wesen hat, sei euch vnholt, vngunstig vnd fluchend
ewiglichen! In bosheit versinket, in jamerigem ellende
verswindet vnd in der vnwiderbringenden swersten achte
gotes, aller leute vnd ieglicher schepfung alle zukunftige zeit
beleibet! Vnuerschampter bosewicht, ewer bose
gedechtnuß lebe vnd tauere hin on ende; grawe vnd forchte
scheiden von euch nicht, wo ir wandert vnd wonet: Von mir
vnd aller menniglich sei stetiglichen vber euch ernstlich zeter
geschriren mit gewundenen henden!

  DER TOT. 
  Das ander capitel.

Horet, horet, horet newe wunder! Grausame vnd vngehorte
teidinge fechten vns an. Von wann die komen, das ist vns
zumale fremde. Doch drowens, fluchens, zetergeschreies,
vnd allerlei angeratung sein wir an allen enden vnz her wol
genesen. Dannoch, sun, wer du bist, melde dich vnd
lautmere, was dir leides von vns widerfaren sei, darvmb du
vns so vnzimlichen handelst, des wir vormals vngewonet
sein, allein wir doch manigen kunstenreichen, edeln,
schonen, mechtigen vnd heftigen leuten sere vber den rein
haben gegraset, davon witwen vnd weisen, landen vnd
leuten leides genugelich ist geschehen. Du tust dem gleiche,
als dir ernst sei vnd dich not swerlich betwinge. Dein klage
ist one reime; davon wir prufen, du wellest durch donens
vnd reimens willen deinem sin nicht entweichen. Bistu aber
tobend, wutend, twalmig oder anderswo one sinne, so
verzeuch, enthalt vnd bis nicht zu snelle, so swerlich zu
fluchen, den worten das du nicht bekummert werdest mit
afterrewe. Wene nicht, das du vnser herliche vnd gewaltige
macht immer mugest geswechen. Dannoch nenne dich vnd
versweig nicht, welcherlei sachen dir sei von vns so
twenglicher gewalt begegent. Rechtfertig wir wol werden,
rechtfertig ist vnser geferte. Wir wissen nicht, wes du vns so
frevellichen zeihest.

  DER ACKERMAN. 
  Das III. capitel.

Ich bins genant ein ackerman, von vogelwat ist mein pflug,
vnd wone in Behemer lande. Gehessig, widerwertig vnd
widerstrebend sol ich euch immer wesen: wann ir habt mir
den zwelften buchstaben, meiner freuden horte, aus dem
alphabet gar freissamlich enzucket; ir habt meiner wunnen
lichte sumerblumen mir aus meines herzen anger jemerlichen
ausgereutet; ir habt mir meiner selden haft, mein auserwelte
turteltauben arglistiglichen entfremdet: ir habt
vnwiderbringlichen raub an mir getan! Weget es selber, ob
ich icht billich zurne, wute vnd klage: von euch bin ich
freudenreiches wesens beraubet, tegelicher guter lebetage
enterbet vnd aller wunnebringender rente geeussert. Frut
vnd fro was ich vormals zu aller stunt; kurz vnd lustsam was
mir alle weile tag vnd nacht, in gleicher masse freudenreich,
geudenreich sie beide; ein iegliches jar was mir ein
genadenreichs jar. Nu wirt zu mir gesprochen: schab ab! Bei
trubem getranke, auf durrem aste, betrubet, sware vnd
zeherend beleibe ich vnd heul one vnderlaß! Also treibet
mich der wint, ich swimme dahin durch des wilden meres
flut, die tunnen haben vberhant genumen, mein anker haftet
ninder. Hiervmb ich one ende schreien wil: Ir Tot, euch sei
verfluchet!

  DER TOT. 
  Das IIII. capitel.

Wunder nimpt vns solcher vngehorter anfechtung, die vns
nimmer hat begegent. Bistu es ein ackerman, wonend in
Behemer lande, so dunket vns, du tust vns heftiglichen
vnrecht; wann wir in langer zeit zu Behem nicht endeliches
haben geschaffet, sunder nu newlich in einer festen hubschen
stat, auf einem berge werlich gelegen; der haben vier
buchstaben, der achzehende, der erste, der dritte vnd der
drei vnd zwenzigste in dem alphabet einen namen geflochten.
Da haben wir mit einer erberen seligen tochter vnser genade
gewurket; ir buchstabe was der zwelfte. Sie was ganz frum
vnd wandelsfrei; wir mugen wol sprechen wandelsfrei, wann
wir waren gegenwurtig, do sie geboren wart. Do sante ir
fraw Ere einen erenmantel vnd einen erenkranz; die brachte
ir fraw Selde. Vnzerissen vnd vngemeiligt den mantel, den
erenkranz brachte sie ganz mit ir vnz in die gruben. Vnser
vnd ir gezeuge ist der erkenner aller herzen. Guter gewissen,
frunthold, getrew, gewere vnd zumale gutig was sie gen allen
leuten. Werlich, so stete vnd so geheure kam vns zu handen
selten. Es sei dann die selbe, die du meinest: anders wissen
wir keine.

  DER ACKERMAN. 
  Das V. capitel.

Ja herre, ich was ir friedel, sie mein amye. Ir habt sie hin,
mein durchlustige eugelweide; sie ist dahin, mein frideschilt
vur vngemach; enweg ist mein warsagende wunschelrute.
Hin ist hin! Da ste ich armer ackerman allein; verswunden ist
mein lichter leitestern an dem himel; zu reste ist gegangen
meines heiles sunne, auf geet sie mir nimmermer! Nicht mer
get auf mein flutender morgensterne, gelegen ist sein schein,
kein leidvertreib han ich mer: die finster nacht ist allenthalben
vor meinen augen. Ich wene nicht, das icht sei, das mir
rechte freude immermer muge widerbringen; wann meiner
freuden achtber banier ist mir leider vndergangen. Zeter!
waffen! von herzen grunde sei immermer geschriren vber
den verworfen tag vnd vber die leidigen stunde, darin mein
herter, steter diamant ist zerbrochen, darin mein rechte
furender leitestab vnbarmherziglich mir aus den henden wart
gerucket, darin zu meines heiles vernewendem jungbrunnen
mir der weg ist verhawen. Ach one ende, we one vnderlaß
immermer! Versinken, gefelle vnd ewiger fal sei euch, Tot,
zu erbeigen gegeben! Lastermeiliger schandung wurdelos
vnd grisgramig ersterbet vnd in der helle erstinket! got
beraube euch ewrer macht vnd lasse euch zu puluer
zerstieben! One zil habet ein teufelisch wesen!

  DER TOT. 
  Das VI. capitel.

Ein fuchs slug einen slafenden lewen an den backen, darvmb
wart im sein balg gerissen; ein hase zwackte einen wolf,
noch heute ist er zagellos darvmb; ein katze krelte einen
hunt, der da slafen wolte, immer muß sie des hundes
feintschaft tragen. Also wiltu dich an vns reiben. Doch
gelauben wir, knecht knecht, herre beleibe herre. Wir wellen
beweisen, das wir rechte wegen, rechte richten vnd rechte
faren in der werlte: niemandes adels schonen, grosser kunst
nicht achten, keinerlei schone ansehen, gabe, liebes, leides,
alters, jugent vnd allerlei sachen nicht wegen. Wir tun als die
sunne, die scheinet vber gute vnd bose: wir nemen gute vnd
bose in vnsern gewalt. Alle die meister, die die geiste kunnen
twingen, mussen vns ire geiste antwurten vnd aufgeben; die
bilwisse vnd die zauberinne kunnen vor vns nicht beleiben,
sie hilfet nicht, das sie reiten auf den krucken, das sie reiten
auf den bocken; die erzte, die den leuten das leben lengen,
mussen vns zu teile werden, wurze, kraut, salben vnd allerlei
apotekenpuluerei kunnen sie nicht gehelfen. O solten wir
allen den feifaltern vnd hewschrecken rechnung tun vmb ir
geslechte, an der rechnung wurden wir nicht genugen. O
solten wir durch aufsatzes, alafantzes, liebes oder leides
willen die leute lassen leben, aller der werlte keisertum were
nu vnser, alle kunige hetten ir krone auf vnser haubet
gesetzet, ir zepter in vnser hant geantwurt, des babstes stul
mit seiner dreikronter infel weren wir nu gewaltig. Laß sten
dein fluchen, sage nicht von Poppenfels newe mere; hawe
nicht vber dich, so reren dir die spene nicht in die augen!

  DER ACKERMAN. 
  Das VII. capitel.

Kunde ich euch gefluchen, kunde ich euch geschelten, kunde
ich euch verpfeien, das euch wirs dann vbel geschehe, das
hettet ir snodlichen wol an mir verdienet. Wann nach
grossem leide grosse klage sol folgen: vnmenschlich tet ich,
wo ich solch lobeliche gotes gabe, die niemant dann got
allein geben mag, nicht beweinte. Zware trauren sol ich
immer; entflogen ist mir mein erenreicher falke; mein
tugendhafte frawen billichen klage ich, wann sie was edel
der geburte, reich der eren, schone, frut vber alle ire
gespilen gewachsener persone, warhaftig vnd zuchtig der
worte, keusche des leibes, guter vnd frolicher mitwonung.
Ich sweige als mer, ich bin zu swach, alle ir ere vnd tugent,
die got selber ir hat mitgeteilt, zu volsagen; herre Tot, ir
wisset es selber. Vmb solch groß herzeleit sol ich euch mit
rechte zusuchen. Werlich, were icht gutes an euch, es solte
euch selber erbarmen. Ich wil keren von euch, von euch
nicht gutes sagen, mit allem meinem vermugen wil ich euch
ewiglich widerstreben; alle gotes tirmung sol mir beistendig
wesen wider euch zu wurken; euch neide vnd hasse alles
das reich, das da ist im himel, auf erden vnd in der helle!

  DER TOT. 
  Das VIII. capitel.

Des himels tron den guten geisten, der helle abgrunt den
bosen, irdische lant hat got vns zu erbeteile gegeben. Dem
himel fride vnd lon nach tugenden, der helle pein vnd
strafung nach sunden, der erden, luft vnd meres strame mit
aller irer behaltung hat vnstetigkeit der mechtig aller werlte
herzog beschiden vnd sie vns befolhen, den worten das wir
alle vberflussigkeit ausreuten vnd ausjeten sollen. Nim vur
dich, tummer man, prufe vnd grab mit sinnes grabestickel in
die vernunft, so findestu: hetten wir sider des ersten von
leime gekleckten mannes zeit leute auf erden, tiere vnd
wurme in wustung vnd in wilden heiden, schuppentragender
vnd slipferiger fische in dem wage zuwachsung vnd merung
nicht ausgereutet, vor kleinen mucken mochte nu niemant
beleiben, vor wolfen torste nu niemant aus; es wurde fressen
ein mensche das ander, ein tier das ander, ein ieglich
lebendige beschaffung die ander, wann narung wurde in
gebrechen, die erde wurde in zu enge. Er ist tumb, wer
beweinet den tot der totlichen. Laß ab! Die lebendigen mit
den lebendigen, die toten mit den toten, als vnz her ist
gewesen. Bedenke baß, du tummer, was du klagen sullest!

  DER ACKERMAN. 
  Das VIIII. capitel.

Vnwiderbringlichen mein hochsten hort han ich verloren; sol
ich nicht wesen traurig? Ja, jamerig muß ich bis an mein
ende harren, entweret aller freuden. Der milte got, der
mechtige herre, gereche mich an euch, arger traurenmacher!
Enteigent habt ir mich aller wunnen, beraubet lieber
lebetage, entspenet micheler eren. Michel ere het ich, wann
die guten die reinen tochter engelten mit iren kindern, in
reinem neste gefallen. Tot ist die henne, die da auszoch
solche huner. O got, du gewaltiger herre, wie liebe sach ich
mir, wann sie so zuchtiges ganges pflag vnd alle ere
bedenken kunde vnd sie menschliches geslechte do lieblich
segente, sprechend: «Dank, lob vnd ere habe die zarte
tochter; ir vnd iren nestlingen gunne got alles gutes!» Kunde
ich darvmb gote wol gedanken, werlich ich tet es willichen.
Welchen armen man hette er balde so reichlich begabet?
Man rede, was man welle: wen got mit einem reinen,
zuchtigen vnd schonen weibe begabet, der ist volkomenlich
begabet, vnd die gabe heisset gabe vnd ist ein gabe vor aller
irdischer auswendiger gabe. O aller gewaltigster himelgrave,
wie wol ist dem geschehen, den du mit einem reinen,
vnuermeiligten gaten hast begatet! Frewe dich, ersamer man,
reines weibes, frewe dich, reines weib, ersames mannes: got
gebe euch freude beiden! Was weiß davon ein tummer man,
der aus disem jungbrunnen nie hat getrunken? Allein mir
twenglich herzeleit ist geschehen, dannoch danke ich got
inniglich, das ich die vnuerruckten tochter han erkant. Euch,
boser Tot, aller leute feint, sei got ewiglich gehessig!

  DER TOT. 
  Das X. capitel.

Du hast nicht aus der weisheit brunnen getrunken, das
prufen wir an deinen worten. In der naturen wurken hastu
nicht gesehen, in die mischung werltlicher stende hastu nicht
geluget, in irdische Verwandelung hastu nicht gegutzet; ein
vnuerstendig welf bistu. Merke, wie die leuchtigen rosen vnd
die starkriechenden lilien in den gerten, wie die kreftigen
wurze vnd die lustgebenden blumen in den awen, wie die
feststeenden steine vnd die hochwachsenden baume in
wildem gefilde, wie die krafthabenden beren vnd die
starkwaltigen lewen in entrischen wustungen, wie die
hochmachtigen starken recken, wie die behenden,
abentewerlichen, hochgelerten vnd allerlei meisterschaft wol
vermugenden leute vnd wie alle irdische creature, wie
kunstig, wie listig, wie stark sie sein, wie lange sie sich
enthalten, wie lange sie es treiben, mussen zu nichte werden
vnd verfallen allenthalben. Vnd wann nu alle
menschgeslechte, die gewesen sint, sint oder noch werden,
mussen von wesen zu nichtwesen kumen, wes solte die
gelobte, die du beweinest, geniessen, das ir nicht geschehe
als andern allen vnd allen andern als ir? Du selber wirst vns
nicht entrinnen, wie wenig du des ietzund getrawest. Alle
hernach! muß ewer ieglicher sprechen. Dein klage ist
enwicht; sic hilfet dich nicht, sie geet aus tauben sinnen.

  DER ACKERMAN. 
  Das XI. capitel.

got, der mein vnd ewer gewaltig ist, getrawe ich wol, er
werde mich vor euch beschirmen vnd vmb die verwurkten
vbeltat, die ir an mir begangen habet, strengelich an euch
gerechen. Gaukelweise traget ir mir war vnder, falsch
mischet ir mir ein vnd wellet mir mein vngehewer sinneleit,
vernunftleit vnd herzeleit aus den augen, aus den sinnen vnd
aus dem mute slahen. Ir schaffet nicht, wann mich rewet
mein serige verlust, die ich nimmer widerbringen mag. Vur
alles wee vnd vngemach mein heilsame erzenei, meines gutes
dienerin, meines willens pflegerin, meines leibes auswarterin,
meiner eren vnd irer eren tegelich vnd nechtlich wachterin
was sie vnuerdrossen. Was ir empfolhen wart, das wart von
ir ganz reine vnd vnuerseret, oft mit merung widerreichet.
Ere, Zucht, Keusche, Milte, Trewe, Masse, Sorge vnd
Bescheidenheit wonten stete in irem hofe; Scham trug stete
der Eren spiegel vor iren augen. Got was ir gunstiger
hanthaber. Er was auch mir gunstig vnd genedig durch iren
willen; Heil, Selde vnd Gelucke stunden mir bei durch iren
willen. Das het sie an got erworben vnd verdienet, die reine
hausere. Lon vnd genedigen solt gib ir, milter loner aller
trewen soldener, aller reichster herre! Tu ir genediglicher,
wann ich ir kan gewunschen! Ach, ach, ach! vnuerschämter
morder, herre Tot, boser lasterbalg! Der zuchtiger sei ewer
richter vnd binde euch, sprechend: «vergib mir!» in sein
wigen!

  DER TOT. 
  Das XII. capitel.

Kundestu rechte messen, wegen, zelen oder tichten, aus
odem kopfe liessestu nicht solche rede. Du fluchest vnd
bittest rachung vnuerfenglich vnd one notdurft. Was taug
solch eselschrei? Wir haben vor gesprochen: kunstenreich,
edel, erhaft, frutig, ertig vnd alles, was lebet, muß von
vnserer hende abhendig werden. Dannoch klaffestu vnd
sprichest, alles dein gelucke sei an deinem reinen, frumen
weibe gelegen. Sol nach deiner meinung gelucke an weiben
ligen, so wellen wir dir wol raten, das du bei gelucke
beleibest, den worten das es nicht zu vngelucke gerate!
Sage vns: do du am ersten dein lobelich weib namest,
fandestu sie frum oder machtestu sie frum? Hastu sie frum
funden, so suche vernunftiglichen: du findest noch vil frumer,
reiner frawen auf erden, der dir eine zu der ee werden mag;
hastu sie aber frum gemachet, so frewe dich: du bist der
lebendig meister, der noch ein frum weib geziehen vnd
gemachen kan. Wir sagen dir aber ander mere: ie mer dir
liebes wirt, ie mer dir leides widerfert. Hettestu dich vor
liebes vberhaben, so werestu nu leides vertragen; ie grosser
lieb zu bekennen, ie grosser leit zu enberen. Lieb, weib, kint,
schatz vnd alles irdisch gut muß etwas freuden am anfang
haben vnd mer leides am ende bringen; alles irdisch ding vnd
lieb muß zu leide werden. Leit ist liebes ende, der freuden
ende trauren ist, nach lust vnlust muß kumen, willens ende ist
vnwillen. Zu solchem ende laufen alle lebendige ding. Lerne
es baß, wiltu von klugheil gatzen!

  DER ACKERMAN. 
  Das XIII. capitel.

Nach schaden folget spotten; des empfinden wol die
betrubten. Also geschicht von euch mir beschedigtem
manne. Liebes entspenet, leides gewenet habet ir mich; als
lange got wil, muß ich es von euch leiden. Wie stumpf ich
bin, wie wenig ich han zu sinnereichen meistern weisheit
gezucket, dannoch weiß ich wol, das ir meiner eren rauber,
meiner freuden dieb, meiner guten lebetage steler, meiner
wunnen vernichter vnd alles des, das mir wunnesam leben
gemachet vnd gelubet hat, zerstorer seit. Wes sol ich mich
nu frewen? Wo sol ich nu trost suchen? Wohin sol ich nu
zuflucht haben? Wo sol ich nu heilstet finden? Wo sol ich nu
trewen rat holen? Hin ist hin! Alle meine freude ist mir e der
zeit verswunden; zu fru ist sie mir entwischet. Allzu schiere
habt ir mir enzucket die teuren, die geheuren, wann ir mich
zu witwer vnd meine kinder zu weisen so vngenediglich
habet gemachet. Ellende, allein vnd leides vol beleibe ich
von euch vnergetzet, besserung kunde mir von euch nach
grosser missetat noch nie widerfaren. Wie ist dem, herre
Tot, aller e brecher? An euch kan niemant icht gutes
verdienen noch finden; nach vntat wellet ir niemant genug
tun, niemant wellet ir ergetzen. Ich prufe: barmherzigkeit
wonet bei euch nicht; fluchens seit ir gewonet; genadenlos
seit ir an allen orten. Solche guttat, so ir beweiset an den
leuten, solche genade, so die leute von euch empfahen,
solchen lon, so ir den leuten gebet, solch ende, so ir den
leuten tut, schicke euch der, der des todes vnd lebens
gewaltig ist. Furste himelischer massenei, ergetze mich
vngeheurer verluste, michels schadens, vnsegeliches trubsals
vnd jemerliches weisentums! Dabei gerich mich an dem
erzschalke Tot, got, aller vntat gerecher!

  DER TOT. 
  Das XIIII. capitel.

One nutz geredet, als mer geswigen, wann nach torlicher
rede krieg, nach kriege feintschaft, nach feintschaft vnruwe,
nach vnruwe serung, nach serunge wetag, Nach wetage
afterrewe muß iedem verworren manne begegnen. Krieges
mutestu vns an. Du klagest, wie wir dir leit haben getan an
deiner zumale lieben frawen. Ir ist gutlich vnd genediglich
geschehen: bei frolicher jugend, bei stolzem leibe, in besten
lebetagen, in besten wirden, an bester zeit, mit vngekrenkten
eren haben wir sie in vnser genade empfangen. Das haben
gelobet, des haben begeret alle weissagen, wann sie
sprachen: am besten zu sterben, wann am besten liebet zu
leben. Er ist nicht wol gestorben, wer sterben hat begeret; er
hat zu lange gelebet, wer vns vmb sterben hat angerufet;
wee vnd vngemach geschach im, wer mit alters burden wirt
vberladen: bei allem reichtum muß er arm wesen! Des jares,
do die himelfart offen was, an des himels torwertels
kettenfeiertag, do man zalte von anfang der werlte
sechstausent funfhundert neun vnd neunzig jar, bei kindes
geburt tausend vierhundert der selbigen, die seligen martrerin
hiessen wir raumen dis kurze schemende ellende, auf die
meinung das sie solte zu gotes erbe in ewige freude, in
immerwerendes leben vnd zu vnendiger ruwe nach gutem
verdienen genediglichen kumen. Wie hessig du vns bist, wir
wellen dir wunschen vnd gunnen, das dein sele mit der iren
dort in himelischer wonung, dein leib mit dem iren bein bei
beine alhie in der erden gruft wesen solten. Burge wolten wir
dir werden: irer guttat wurdestu geniessen. Sweig, enthalt!
Als wenig du kanst der sunnen ir licht, dem mone sein kelte,
dem fewer sein hitze oder dem Wasser sein nesse benemen,
also wenig kanstu vns vnserer macht berauben!

  DER ACKERMAN. 
  Das XV. capitel.

Beschonter rede bedarf wol schuldiger man. Also tut ir
auch. Susse vnd sawer, linde vnd herte, gutig vnd scharpf
pfleget ir euch zu beweisen den, die ir meinet zu betriegen.
Das ist offen an mir schein worden. Wie sere ir euch
beschonet, doch weiß ich, das ich der erenvollen,
durchschonen von ewerer swinden vngenade wegen
kummerlich enberen muß. Auch weiß ich wol, das solches
gewaltes sunder got vnd ewer niemant ist gewaltig. So bin
ich von gote nicht also geplaget: wann hette ich mißgebaret
gen gote, als leider dicke geschehen ist, das hette er an mir
gerochen, oder es hette mir widerbracht die wandelsone. Ir
seit der vbelteter. Darvmb weste ich gern, wer ir weret, was
ir weret, wie ir weret, von wann ir weret vnd warzu ir tuchtig
weret, das ir so vil gewaltes habet vnd on entsagen mich
also vbel gefodert, meinen wonnereichen anger geodet,
meiner sterke turn vndergraben vnd gefellet habet. Ach got,
aller betrubten herzen troster troste mich vnd ergetze mich
armen, betrubten, ellenden, selbsitzenden man! Gib, herre,
plage, tu widerwerte, leg an klemnuß vnd vertilge den
greulichen Tot, der dein vnd aller vnser feint ist! Werlich,
herre, in deiner wurkung ist nicht greulichers nicht
scheußlichers, nicht schedlichers, nicht herbers, nicht
vngerechters dann der Tot! Er betrubet vnd verruret dir alle
dein irdische Herschaft; ee das tuchtig dann das vntuchtig
nimt er hin schedliche, alte, sieche, vnnutze leute lesset er oft
alhie, die guten vnd die nutzen zucket er alle hin. Richte,
herre, rechte vber den falschen richter!

  DER TOT. 
  Das XVI. capitel.

Was bose ist, das nennen gut, was gut ist, das heissen bose
sinnelose leute. Dem gleiche tustu auch. Falsches gerichtes
   zeihestu vns; vns tustu vnrecht. Des wellen wir dich
vnderweisen. Du fragest, wer wir sein. Wir sein gotes
hantgezeuge, herre Tot, ein rechte wurkender meder. Vnser
segens geet vur sich. Weiß, swarz, rot, braun, grun, blaw,
graw, gel vnd allerlei glanzes blumen vnde gras hewet sie vur
sich nider, ires glanzes, irer kraft, irer tugent nicht geachtet.
Da geneusset der veiol nicht seiner schonen farbe, seines
reichen ruches, seiner wolsmeckender safte. Sich, das ist
rechtfertigkeit. Vns haben rechtfertig geteilet die Romer vnd
die poeten, wann sie vns baß dann du bekanten. Du fragest,
was wir sein. Wir sein nichts vnd sein doch etwas.
Deshalben nichts, wann wir weder leben weder wesen, noch
gestalt noch vnderstant haben, nicht geist sein, nicht sichtig
sein, nicht greiflich sein, deshalben etwas, wann wir sein des
lebens ende, des wesens ende, des nichtwesens anfang, ein
mittel zwischen in beiden. Wir sein ein geschickte das alle
leute fellet. Die großen heunen musten vor vns fallen; alle
wesen, die leben haben, mussen verwandelt von vns
werden, in hohen schulden werden wir gesigen. Du fragest,
wie wir sein. Vnbescheidenlich sein wir, wann vnser figure
zu Rome in einem tempel an einer wand gemalet was als ein
man sitzend auf einem ochsen, dem die augen verbunden
waren. Der selbe man furte ein hawen in seiner rechten hant
vnd ein schaufel in der linken hant; damit facht er auf dem
ochsen. Gegen im slug, warf vnd streit ein michel menige
volkes. Allerlei leute, iegliches mensche mit seines
hantwerkes gezeuge - da was auch die nunne mit dem
psalter -, die slugen vnd wurfen den man auf dem ochsen. In
vnser bedeutnuß bestreit der vnd begrub sie alle. Pictura
gleichet vns zu eines mannes scheine, der hat basilisken
augen, vor des gesichte sterben muß alle lebendige creature.
Du fragest, von wann wir sein. Wir sein von allenthalben vnd
sein doch von ninder. Deshalben von allenthalben, wann wir
wandern an allen enden der werlte; deshalben von ninder,
wann wir sein ninder her komen vnd aus nichte. Wir sein
von dem irdischen paradise. Da tirmete vns got vnd nante
vns mit vnserm rechten namen, da er sprach zu dem ersten
menschen: Welches tages ir der frucht enbeisset, des todes
werdet ir sterben. Darvmb wir vns also schreiben: Wir Tot,
herre vnd gewaltiger auf erden, in der luft vnd meres strame.
Du fragest, warzu wir tuchtig sein. Nu hastu vor gehoret, das
wir der werlte mer nutzes dann vnnutzes bringen. Hor auf,
laß dich genugen vnd danke vns, das dir von vns so gutlich
ist geschehen!

  DER ACKERMAN. 
  Das XVII. capitel.

Alter man newe mere, geleret man vnbekante mere, ferre
gewandert man vnd einer, wider den niemant reden tar,
gelogen mere wol sagen turren, wann sie von vnwissender
sachen wegen sint vnstreflich. Wann ir dann auch ein solcher
alter man seit, so muget ir wol tichten. Allein ir in dem
paradise gefallen seit ein meder vnd rechtes remet doch
hawet ewer segens vneben. Rechte mechtig blumen reutet
sie aus, die distel lesset sie steen; vnkraut beleibet, die guten
kreuter mussen verderben. Ir jehet, ewer segens hawe vur
sich. Wie ist dann dem, das sie mer distel dann guter
blumen, mer meuse dann zamer tiere, mer boser leute dann
guter vnuerseret lesset beleiben? Nennet mir mit dem
munde, mit dem finger weiset mir: wo sint die frumen,
achtberen leute, als vor zeiten waren? Ich wene, ir habet sie
hin. Mit in ist auch mein lieb, die ubeln sint joch vber
beliben. Wo sint sie hin, die auf erden wonten vnd mit gote
redeten, an im hulde, genade vnd rechtung erwarben? Wo
sint sie hin, die auf erden sassen vnder der gestirne
vmbgengen vnd entschieden die planeten? Wo sint sie hin,
die sinnereichen, die meisterlichen, die gerechten, die
frutigen leute, von den die kroniken so vil sagen? Ir habet sie
alle vnd mein zarte ermordet; die snoden sint noch alda.
Wer ist daran schuldig? Torstet ir der wahrheit bekennen,
herre Tot, ir wurdet euch selber nennen. Ir sprechet faste,
wie rechte ir richtet, niemandes schonet, ewer segense haw
nach einander fellet. Ich stund dabei vnd sach mit meinen
augen zwo vngeheure schar volkes - iede het vber
dreitausent man - mit einander streiten auf einer grunen
heide; die wuten in dem blute bis vnder den waden.
Darvnder snurretet ir vnd burretet gar gescheftig an allen
enden. In dem here totetet ir etelich, etelich liesset ir sten.
Minre knechte dann herren sach ich tot ligen. Da klaubetet ir
einen aus den andern als die teigen biren. Ist das rechte
gemeet? Ist das rechte gerichtet? Geet so ewer segens vor
sich? Wol her, lieben kinder, wol her! Reiten wir engegen,
enbieten vnd sagen wir lob vnd ere dem Tode, der also
rechte richtet! Gotes gerichte ist kaum also gerecht!

  DER TOT. 
  Das XVIII. capitel.

Wer von sachen nicht enweiß, der kan von sachen nicht
gesagen. Also ist vns auch geschehen. Wir westen nicht, das
du als ein richtiger man werest. Wir haben dich lange zeit
erkant, wir hetten aber dein vergessen. Wir waren dabei, do
fraw Sibilla dir die weisheit mitteilte, do her Salomon an dem
totbette dir sein weisheit verreichte; do got allen den gewalt,
den er hern Moysi in Egipten lant verlihen het, dir verlech,
do du einen lewen bei dem weinwachs von Thamnatha
slugest. Wir sahen dich die sterne zelen, des meres grieß vnd
sein fische rechnen, die regentropfen reiten. Wir sahen gern,
das du gewanst den wetlauf an Asael. Zu Susan sahen wir
dich koste vnd trank in grossen wirden credenzen. Do du
das banier vor Alexandro furtest, do er Darium bestreit, do
lugten wir zu vnd gunden dir wol der eren. Do du in
Academia zu Athenis mit hohen kunstenreichen meistern, die
auch in die gotheit meisterlichen sprechen kunden, ebenteure
disputiertest vnd in so kunstelichen oblagest, do sahen wir
vns zumale liebe. Do du Neronem vnderweisetest, das er
guttete vnd gedultig wesen solte, do horten wir gutlichen zu.
Vns wunderte, do du keiser Iulium in einem roren schiffe
vber das wilde mer furtest one dank aller sturmwinde In
deiner werkstat sahen wir dich ein edel gewant von
regenbogen wurken; darein wurden engel, vogel, tier, fische
vnd allerlei gestalt - da was auch die eule vnd der affe - in
wefels weise getragen. Zumale sere lachten wir vnd wurden
des vur dich rumig, do du zu Paris auf dem geluckes rade
sassest, auf der heute tantetest, in der swarzen kunst
wurketest vnd bannetest die teufel in ein seltsam glas. Do
dich got berufte in seinen rat zu gespreche vmb frawen Eve
fal, aller erste wurden wir deiner grossen weisheit innen.
Hetten wir dich vor erkant, wir hetten dir gefolget, wir hetten
dein weib vnd alle leute ewig lassen leben. Das hetten wir dir
allein zu eren getan, wann du bist zumale ein kluger esel!

  DER ACKERMAN. 
  Das XVIIII. capitel.

Gespotte vnd vbelhandelung mussen dicke aufhalten durch
warheit willen die leute. Gleicher weise geschicht mir.
Vnmugelicher dinge rumet ir mich, Vngehorter werke
wurkens. Gewaltes treibet ir zumale vil, gar vbel habt ir an
mir gefaren, das muet mich alzu sere. Wann ich dann
darvmb rede, so seit ir mir gehessig vnd werdet zornes vol.
Wer vbel tut vnd wil nicht vndertan strafung aufnemen vnd
leiden, sunder mit vbermut alle ding vertreiben, der sol gar
eben aufsehen, das im nicht vnwillen darnach begegne!
Nemet beispil bei mir! Wie zu kurze, wie zu lange, wie
vngutlich, wie vnrechte ir mir mit habet gefaren, dannoch
dulte ich vnd riche es nicht, als ich zu rechte solte. Noch
heute wil ich des besserer sein, han ich icht vngleiches oder
vnhubsches gen euch gebaret. Des vnderweiset mich; ich wil
sein gernwilliglich widerkumen. Ist des aber nicht, so
ergetzet mich meines schadens oder vnderweiset mich, wie
ich widerkume meines grossen herzeleides. Werlich, also zu
kurze geschach nie manne! Vber das alles mein
bescheidenheit sullet ir ie sehen. Eintweder ir widerbringet,
was ir an meiner traurenwenderin, an mir vnd an meinen
kindern arges habet begangen, oder kumet des mit mir an
got, der da ist mein, ewer vnd aller werlte rechter richter. Ir
mochtet mich leichte erbitten, ich wolte es zu euch selber
lassen. Ich traute euch wol, ir wurdet ewer vngerechtigkeit
selber erkennen, darnach mir genugen tun nach grosser
vntat. Begeet die bescheidenheit, anders es muste der hamer
den amboß treffen, herte wider herte wesen, es kume, zu
wo es kume!

  DER TOT. 
  Das XX. capitel.

Mit guter rede werden gesenftet die leute; bescheidenheit
behelt die leute bei gemache; gedult bringet die leute zu eren;
zorniger man kan den man nicht entscheiden. Hettestu vns
vormals gutlich zugesprochen, wir hetten dich gutlich
vnderweiset, das du nicht billich den tod deines weibes
klagen soltest vnd beweinen. Hastu nicht gekant Senecam
den weissagen, der in dem bade sterben wolte, oder seine
bucher gelesen, das niemant sol klagen den tod der
totlichen? Weistu des nicht, so wisse: als balde ein mensche
geboren wirt, als balde hat es den leikauf getrunken, das es
sterben sol. Anfanges geswistreit ist das ende. Wer
ausgesant wirt, der ist pflichtig wider zu kumen. Was ie
geschehen sol, des sol sich niemant widern. Was alle leute
leiden mussen, das sol einer nicht widersprechen. Was ein
mensche entlehent, das sol es widergeben. Ellende bawen
alle leute auf erden. Von ichte zu nichte mussen sie werden.
Auf snellem fusse leufet hin der menschen leben; iezunt
lebend, in einem hantwenden gestorben. Mit kurzer rede
beslossen: iedes mensche ist vns ein sterben schuldig vnd es
anerbet zu sterben. Beweinestu aber deines weibes jugent,
du tust vnrecht; als schiere ein mensche lebendig Wirt, als
schiere ist es alt genug zu sterben. Du meinest leichte, das
alter sei ein edel hort. Nein, es ist suchtig, arbeitsam,
vngestalt, kalt vnd allen leuten vbel gefallend; es taug nicht
vnd ist zu allen sachen enwicht: zeitig epfel fallen gern in das
kot; reifende biren fallen gern in die pfutzen. Klagestu dann
ir schone, du tust kintlich; eines ieglichen menschen schone
muß eintweder das alter oder der tot vernichten. Alle
rosenfarbe mundlein mussen abgefarb werden, alle rote
wenglein mussen bleich werden, alle lichte euglein mussen
tunkel werden. Hastu nicht gelesen, wie Ieronimus, der
weissage, leret, wie sich ein man huten sol vor schonen
weiben, vnd sprichet: Was schone ist, das ist mit tegelicher
beisorge sware zu halten, wann sein alle leute begeren; was
scheußlich ist, das ist leidelich zu halten, wann es mißfellet
allen leuten? Laß faren! Klage nicht verlust, die du nicht
kanst widerbringen.

  DER ACKERMAN. 
  Das XXI. capitel.

Gute strafung gutlich aufnemen, darnach tun sol weiser man,
hore ich die klugen jehen. Ewer strafung ist auch leidelich.
Wann dann ein guter strafer auch ein guter anweiser wesen
sol, so ratet vnd vnderweiset mich, wie ich so vnsegeliches
leit, so jemerlichen kummer, so aus der masse grosse
betrubnuß aus dem herzen, aus dem mute vnd aus den
sinnen ausgraben, austilgen vnd ausjagen sulle. Bei got
vnuolsagenlich herzeleit ist mir geschehen, do mein zuchtige,
trewe vnd stete hausere mir so snelle ist enzucket, sie tot, ich
witwer, meine kinder weisen worden sint. O herre Tot, alle
werlt klaget vber euch vnd auch ich, das nie so boser man
wart. Doch seint den malen das nie man so bose wart, er
were an etwe gut, ratet, helfet vnd steuret, wie ich so sweres
leit von herzen werfen muge vnd meine kinder einer solchen
reinen muter ergetzet werden; anders ich vnmutig vnd sie
traurig immer wesen mussen. Vnd das sullet ir mit nichten
vbel verfahen, wann ich sihe, das vnder vnuernunftigen tieren
ein gate vmb des andern tot trauret von angeborenem
twange. Hilfe, rates vnd widerbringens seit ir mir pflichtig,
wann ir habt mir getan den schaden. Wo des nicht geschehe,
dann got hette in seiner almechtigkeit ninder rachung.
Gerochen muß es werden inder, vnd solte darvmb hawe vnd
schaufel noch eines gemuet werden!

  DER TOT. 
  Das XXII. capitel.

Ga! ga! ga! snatert die gans, lamb! lamb! sprichet der wolf,
man predige, was man welle: solch fadenricht spinnest auch
du. Wir haben dir vor entworfen, das vnklegelich wesen
sulle der tot der totlichen. Seint den malen das wir ein zolner
sein, dem alle menschen ir leben zollen vnd vermauten
mussen, wes widerstu dann dich? Wan werlich, wer vns
teuschen wil, der teuschet sich selber. Laß dir eingen vnd
vernim: das leben ist durch sterbens willen geschaffen. Were
leben nicht, wir weren nicht, vnser geschefte were nicht;
damit were auch nicht der werlte ordenung. Eintweder du
bist sere leidig oder vnuernunft hauset zu dir. Bistu
vnuernunftig, so bitte got, vernunft dir zu verleihen; bistu
aber leidig, so brich ab, laß faren, nim das vur dich, das ein
wint ist der leute leben auf erden! Du bittest rat, wie du leit
aus dem herzen bringen sullest. Aristotiles hat dich es vor
geleret, das freude, leit, forchte vnd hoffenung die viere alle
werlt bekummern vnd gerlich die, die sich vor in nicht
kunnen huten. Freude vnd forchte kurzen, leit vnd hoffenung
lengen die weile. Wer die viere nicht ganz aus dem mute
treibet, der muß alzeit sorgende wesen. Nach freude trubsal,
nach liebe leit muß ie auf erden kumen. Lieb vnd leit mussen
mit einander wesen. Eines ende ist anfang des andern. Leit
vnd lieb ist nicht anders, dann wann icht ein mensche in
seinen sinn vurfasset, das es nicht austreiben wil, gleicher
weise als mit genugen niemant arm vnd mit vngenugen
niemant reich wesen mag; wann genugen vnd vngenugen
nicht an habe noch an auswendigen sachen sint, sunder in
dem mute. Wer altes lieb nicht aus dem herzen treiben wil,
der muß gegenwurtiges leit alzeit tragen. Treib aus dem
herzen, aus dem sinne vnd aus dem mute liebes gedechtnuß,
alzuhant wirstu traurens vberhaben. Als balde du icht hast
verloren vnd es nicht kanst widerbringen, tu, als es dein nie
sei worden: hin fleuchet alzuhant dein trauren. Wirstu des
nicht tun, so hastu mer leides vor dir; wann nach iegliches
kindes tode widerfert dir herzeleit, nach deinem tode auch
herzeleit in allen, dir vnd in, wann ir euch scheiden sollet. Du
wilt, das sie der muter ergetzet werden. Kanstu vergangene
jar, gesprochene wort vnd verruckten magettum
widerbringen so widerbringestu die muter deiner kinder. Wir
haben dir genug geraten. Kanstu es versteen, stumpfer
pickel?

  DER ACKERMAN. 
  Das XXIII. capitel.

In die lenge wirt man gewar der warheit als: lange gelernet,
etwas bekundet. Ewer spruche sint susse vnd lustig, des ich
nu etwas empfinde. Doch solte freude, lieb, wunne vnd
kurzweil aus der werlte vertriben werden, vbel wurde steen
die werlt. Des wil ich mich ziehen an die Romer. Die haben
es selbes getan vnd haben das ire kinder geleret, das sie lieb
vnd in eren haben solten turnieren, stechen, tanzen,
wetlaufen, springen vnd allerlei zuchtige hubscheit bei
mussiger weile, auf die rede das sie die weile bosheit weren
vberhaben. Wan menschliches mutes sin kan nicht mussig
wesen. Eintweder gut oder bose muß alzeit der sin wurken,
in dem slafe wil er nicht mussig sein. Wurden dann dem
sinne gute gedanke benumen, so wurden im bose eingeen.
Gute aus, bose ein; bose aus, gute ein: die wechselung muß
bis an das ende der werlte weren. Sider freude, zucht,
scham vnd ander hubscheit sint aus der werlte vertriben,
sider ist sie bosheit, schanden, vntrewe, gcspottes vnd
verreterei zumale vol worden. Das sehet ir tegelichen. Solte
ich dann die gedechtnuß meiner aller liebsten aus dem sinne
treiben, bose gedechtnusse wurden mir in den sin wider
kumen: als mer wil ich meiner aller liebsten alweg gedenken.
Wann grosses herzelieb in grosses herzeleit wirt verwandelt,
wer kan des balde vergessen? Bose leute tun das selbe; gute
freunde stete gedenken an einander. Ferre wege, lange jar
scheiden nicht geliebe. Ist sie mir leiblichen tot, in meiner
gedechtnuß lebet sie mir doch immer. Herre Tot, ir musset
treulicher raten, sol ewer rat icht nutzes bringen, anders, ir
fledermaus, musset als vor der vogel feintschaft tragen!

  DER TOT. 
  Das XXIIII. capitel.

Lieb nicht alzu lieb, leit nicht alzu leit sol vmb gewin vnd vmb
verlust bei weisem manne wesen: des tustu nicht. Wer vmb
rat bittet vnd rates nicht folgen wil, dem ist auch nicht zu
raten. Vnser gutlicher rat kan an dir nicht geschaffen. Es sei
dir nu lieb oder leit, wir wellen dir die warheit an die sunnen
legen, es hore, wer da welle. Dein kurze vernunft, dein
abgesniten sin, dein holes herze wellen aus leuten mer
machen, dann sie gewesen mugen. Du machest aus einem
menschen, was du wilt, es mag nicht mer gesein, dann als vil
wir dir sagen wellen mit vrlaub aller reinen frawen. Ein
mensche wirt in sunden empfangen, mit vnreinem,
vngenantem vnflat in muterlichem leibe generet, nacket
geboren vnd ist ein besmireter binstock, ein ganzer vnlust,
ein kotfaß, ein wurmspeise, ein stankhaus, ein vnlustiger
spulzuber, ein faules as, ein schimelkaste, ein bodenloser
sack, ein lockerete tasche, ein blasebalk, ein geitiger slund,
ein stinkender leimtigel, ein vbelriechender harnkrug, ein
vbelsmeckender eimer, ein betriegender tockenschein, ein
leimen raubhaus, ein vnsetig leschtrog vnd ein gemalte
begrebnuß. Es merke, wer da welle: ein iegliches ganz
gewurktes mensche hat neun locher in seinem leibe, aus den
allen fleusset so vnlustiger vnd vnreiner vnflat, das nicht
vnreiners gewesen mag. So schones mensche gesahestu nie,
hettestu eines linzen augen vnd kundest es inwendig
durchsehen, dir wurde darob grawen. Benim vnd zeuch ab
der schonsten frawen des sneiders farbe, so sihestu ein
schemliche tocken, ein schiere swelkende blumen von kurze
taurendem scheine vnd einen balde faulenden erdenknollen.
Weise vns ein hantvol schone aller schonen frawen, die vor
hundert jaren haben gelebt, ausgenomen der gemalten an
der wende, vnd habe dir des keisers krone zu eigen! Laß hin
fliehen lieb, laß hin fliessen leit! Laß rinnen den Rein als
ander Wasser! Eseldorf! weiser gotling!

  DER ACKERMAN. 
  Das XXV. capitel.

Pfei euch, boser schandensack! Wie vernichtet, vbelhandelt
vnd vneret ir den werden menschen, gotes aller liebste
creature, damit ir auch die gotheit swechet! Aller erste prufe
ich, das ir lugenhaftig seit vnd in dem paradise nicht getirmet,
als ir sprechet. Weret ir in dem paradise gefallen, so westet
ir, das got den menschen vnd alle ding geschaffen hat, sie
alle zumale gut beschaffen hat vnd den menschen vber sie
alle gesetzet, im ir aller herschaft befolhen vnd sie seinen
fussen vndertenig gemachet hat, also das der mensche den
tieren des ertreichs, den vogeln des himels, den fischen des
meres vnd allen fruchten der erden herschen solte, als er
auch tut. Solte dann der mensche so snode, bose vnd vnrein
sein, als ir sprechet, werlich so hette got gar vnreinlichen vnd
gar vnnutzlichen gewurket. Solte gotes almechtige vnd
wirdige hant so ein vnreines vnd vnfletiges menschwerk
haben gewurket, als ir schreibet, streflicher vnd gemeilter
wurker were er. So stunde auch das nicht, das got alle ding
vnd den menschen vber sie alle zumale gut hette beschaffen.
Herre Tot, lasset ewer vnnutz klaffen! Ir schendet gotes aller
hubschestes werk. Engel, teufel, schretlein, klagemuter, das
sint geiste in gotes twange wesend: der mensche ist das aller
achtberest, das aller behendest vnd das aller freiest gotes
werkstuck. Im selber gleiche hat in got gebildet, als er auch
selbes in dem ersten vrkunde der werlte hat gesprochen.
Wo hat ie werkman gewurket so behendes vnd reiches
werkstuck, einen so werkberlichen kleinen kloß als eines
menschen haubet? In dem ist kunstereiche kunst, allein gote
ebenteur, verborgen: da ist in des augen apfel das gesichte,
das aller gewissest zeuge, meisterlich in spiegels weise
verwurket; bis an des himels klare zirkel wurket es. Da ist in
den oren das ferre wurkende gehoren, gar
durchnechtiglichen mit einem dunnen felle vergitert, zu
prufung vnd merkung vnderscheit mancherlei susses
gedones. Da ist in der nasen der ruch, durch zwei locher ein
vnd aus geend, gar sinniglichen verzimmert zu behegelicher
senftigkeit alles lustsames vnd wunnesames riechens, das da
ist nar der sele. Da sint in dem munde zene, alles leibfuters
tegeliches malende einsacker; darzu der zungen dunnes blat,
den leuten zu wissen bringend ganz der leute meinung; auch
ist da des smackes allerlei koste lustsame prufung. Dabei
sint in dem kopfe aus herzengrunde geende sinne, mit den
ein mensche, wie ferre er wil, gar snelle reichet; in die gotheit
vnd daruber gar klimmet der mensche mit den sinnen. Allein
der mensche ist empfahend der vernunft, des edelen hortes.
Er ist allein der lieblich kloß, dem gleiche niemant dann got
gewurken kan, darin also behende werk mit aller kunste
meisterschaft vnd weisheit sint gewurket. Lat faren, herre
Tot! Ir seit des menschen feint; darvmb ir kein gutes von im
sprechet!

  DER TOT. 
  Das XXVI. capitel.

Schelten, fluchen, wunschen, wie vil der ist, kunnen keinen
sack, wie kleine der ist, gefullen. Darzu: wider vil redende
leute ist nicht zu kriegen mit worten. Es gee nur vur sich mit
deiner meinung, das ein mensche aller kunste, hubscheit vnd
wirdigkeit vol sei, dannoch muß es in vnser netze fallen, mit
vnserem garne muß es gezucket werden. Gramatica,
gruntfeste aller guten rede, hilfet da nicht mit iren scharfen
vnd wol gegerbten worten. Rhetorica, bluender grunt der
liebkosung, hilfet da nicht mir iren bluenden vnd reine
geferbten reden. Loica, der warheit vnd vnwarheit
vursichtige entscheiderin, hilfet da nicht mit irem verdackten
verslahen, mit der warheit verleitung vnd krummerei.
Geometria, der erden pruferin, schetzerin vnd messerin,
hilfet da nicht mit irer vnfelender masse, mit iren rechten
abgewichten. Arismetrica, der zale behende ausrichterin,
hilfet da nicht mit irer rechnung, mit irer reitung, mit iren
behenden ziffern. Astronomia, des gestirnes meisterin, hilfet
da nicht mit irem sterngewalte, mit einflusse der planeten.
Musica, des gesanges vnd der stimme geordente
hantreicherin, hilfet da nicht mit irem sussen gedone, mit iren
feinen stimmen. Philosophia, acker der weisheit, zwirund in
naturlicher erkantnuß vnd in guter siten wurkung geackert
vnd geseet vnd volkumenlich gewachsen; Physica mit iren
mancherlei steurenden trenken; Geomancia, mit satzung der
planeten vnd des himelsreifes zeichen auf erden allerlei frage
behende verantwurterin, Piromancia, sleunige vnd warhaftige
warsagens aus fewr wurkerin; Idromancia, in wassers
gewurke der zukunftigkeit entwerferin; Astroloia mit
oberlendischer sachen macht irdisches laufes auslegerin;
Ciromancia, nach henden vnd nach des teners kreisen
hubsche warsagerin; Nigromancia, mit totenopfer, fingerlein
vnd mit sigel der geiste gewaltige twingerin; Alchimia mit der
metalle seltsamer verwandelung; Notoria, die kunst mit iren
sussen gebeten, mit irem starken besweren; Augurium, der
vogelkose vernemer vnd daraus zukunftiger sachen
warhafter zusager; Aruspicium, nach altaropfers rauche
witze kund tuende ausrichtung; Pedomancia mit kinder
gedirme vnd Ornomancia mit aurhanen dermen luplerin;
Iura, wandelberes vnd widerspruchiges recht, vnd Iuriste,
der gewissenlos criste, mit rechtes vnd vnrechtes
vursprechung, mit seinen krummen articlen - die vnd ander,
den vorgeschriben anhangende kunste helfen zumale nicht.
Iedes mensche muß ie von vns vmbgesturzet, in vnserem
walktroge gewalken vnd in vnserem rollfasse gefeget
werden. Das glaube, du uppiger geuknecht!

  DER ACKERMAN. 
  Das XXVII. capitel.

Man sol nicht vbel mit vbel rechen; gedultig sol ein man
wesen, gebeitend der tugend lere. Den pfat wil ich nach
treten, ob ir leichte noch nach vngedult gedultig werdet. Ich
vernim an ewer rede, ir meinet, ir ratet mir gar trewlich.
Wonet trewe bei euch, so ratet mir mit trewen in
gesworenes eides weise. In was wesens sol ich nu mein
leben richten? Ich bin vormals in der lieben lustigen e
gewesen; warzu sol ich mich nu wenden? In werltlich oder in
geistlich ordenung? Die sint mir beide offen. Ich nam vur
mich in den sin allerlei leute wesen, schatzte vnd wug sie mit
fleisse: vnuolkumen, bruchig vnd etwe vil mit sunden fant ich
sie alle. In zweifel bin ich, wo ich hin keren sulle; mit
gebrechen ist bekummert aller leute anstal. Herre Tot, ratet!
     Rates ist not! In meinem sinne finde, wene vnd glaube ich
vur war, das nie so reines, gotliches nest vnd wesen kume
nimmermer. Bei der sele, ich spriche: Weste ich, das mir in
der e gelingen solte als e. in der e wolte ich leben, die weile
lebend were mein leben. Wunnesam, lustsam, fro vnd
wolgemut ist ein man, der ein biderb weib hat, er wandere,
wo er wander. Einem ieden solchen man ist auch lieb, nach
narung z.u stellen vnd zu trachten. Im ist auch lieb, ere mit
eren, trewe mit trewen, gute mit gute widergelten. Er bedarf
ir nicht huten; wann sie ist die beste hut, die ir ein frumes
weib selber tut. Wer seinem weibe nicht glauben vnd trawen
wil, der muß stecken in steten sorgen. Herre von
oberlanden, furste von vil selden, wol im, wen du so mit
reinem bettegenossen begabest! Er sol den himel ansehen,
dir mit aufgerackten henden danken alle tage. Tut das beste,
herre Tot, vil vermugender herre!

  DER TOT. 
  Das XXVIII. capitel.

Loben one ende, schenden one zil, was sie vurfassen,
pflegen etelich leute. Bei loben vnd bei schenden sol fuge
vnd masse sein; ob man ir eines bedurfe, das man sein stat
habe. Du lobest sunder masse eeliches leben; iedoch wellen
wir dir sagen von eelichem leben, vngeruret aller reinen
frawen. Als balde ein man ein weib nimpt, als balde ist er
selbander in vnserer gefengnuß. Zuhant hat er einen hantslag,
einen anhang, einen hantsliten, ein joch, ein kumat, ein
burde, einen sweren last, einen fegeteufel, ein tegeliche
rosfeilen, der er mit nichte nicht enberen mag, die weile wir
mit im nicht tun vnser genade. Ein beweibeter man hat
doner, schawer, fuchse, slangen alle tage in seinem hause.
Ein weib stellet alle tage darnach, das sie man werde.
Zeuchet er auf, so zeuchet sie nider; wil er so, so wil sie
sust; wil er dahin, so wil sie dorthin. Solches spiles wirt er
sat vnd sigelos alle tage. Triegen, listen, smeichen, spinnen,
liebkosen, widerburren, lachen, weinen kan sie wol in einem
augenblicke; angeboren ist es sie. Siech zu arbeit, gesunt zu
wollust, darzu zam vnd wilde ist sie, wann sie des bedarf.
Vmb werwort finden bedarf sie keines ratmannes. Geboten
ding nicht tun, verboten ding tun fleisset sie sich alzeit. Das
ist ir zu susse, das ist ir zu sawr, des ist ir zu vil des ist ir zu
wenig; nu ist es zu fru, nu ist es zu spate, also wirt es alles
gestrafet. Wirt dann icht von ir gelobet, das muß mit
schanden in einem drechselstule gedret werden; dannoch
wirt das loben dicke mit gespotte gemischet. Ein man, der in
der e lebet, kan kein mittel aufhaben: Ist er zu gutig, ist er zu
scharpf, an in beiden wirt er mit schaden gestrafet. Er sei nur
halb gutig oder halb scharpf, dannoch ist da kein mittel,
schedlich oder streflich wirt es ie. Alle tage newe anmutung
oder keifen, alle wachen fremde aufsatzung oder murmeln,
alle monat newen vnlustigen vnflat oder grawen, alle jar
newes kleiden oder tegeliches strafen muß ein beweibeter
man haben, er gewinne es, wo er welle. Der nacht
gebrechen sei aller vergessen; von alters wegen schemen wir
vns. Schonten wir nicht der biderben frawen, von den
vnbiderben kunden wir vil mer singen vnd sagen. Wisse,
was du lobest; du kennest nicht golt bei bleie!

  DER ACKERMAN. 
  Das XXVIIII. capitel.

Frawen schender mussen geschendet werden, sprechen der
warheit meister. Wie geschicht euch dann, herre Tot? Ewer
vnuernunftiges frawen schenden, wie wol es mit frawen
vrlaub ist, ist werlich euch schentlich vnd den frawen
schemlich. In maniges weisen meisters geschrifte findet man,
das one weibes steure niemant mag mit selden gesteuret
werden, wann weibes vnd kinder habe ist nicht das minste
teil der irdischen selden. Mit solcher warheit hat sein
trostbuch ein Romer Boecius hin geleget. Philosophia, die
weise meisterin, vnd ieder abentewerlicher vnd sinniger man
ist mir des zeuge: kein mannes zucht kan wesen, sie sei dann
gemeistert mit frawen zuchte. Es sage, wer es welle: ein
zuchtiges, schones, keusches vnd an eren vnuerrucktes weib
ist vor aller irdischer eugelweide. So manlichen man gesach
ich nie; der rechte mutig wurde, er wurde dann mit frawen
troste gesteuret. Wo der guten samenung ist, da sihet man es
alle tage; auf allen planen, auf allen hofen, in allen turnieren,
in allen herfarten tun die frawen ie das beste. Wer in frawen
dienste ist, der muß sich aller missetat anen. Rechte zucht
vnd ere leren die werden frawen in irer schule. Irdischer
freuden sint gewaltig die frawen; sie schaffen, das in zu eren
geschieht alle hubscheit vnd kurzweil auf erden. Einer reinen
frawen fingerdrowen strafet vnd zuchtiget vur alle waffen
einen frumen man. One liebkosen mit kurzer rede: aller
werlte aufhaltung, festung vnd merung sint die werden
frawen. Iedoch bei golde blei, bei weize raden, bei allerlei
munze beislege vnd bei weibe vnweib mussen wesen;
dannoch die guten sullen der bosen nicht engelten. Das
glaubet, haubetman von kriege!

  DER TOT. 
  Das XXX. capitel.

Einen kolben vur einen kloß goldes, eine koten vur einen
topasion, einen kisling vur einen rubin nimt ein narre; die
hewschewer eine burg, die Tunaw das mer, den mausar
einen falken nennet der tore. Also lobestu der augen lust,
der vrsachen schetzestu nicht; wann du weist nicht, das alles,
das in der werlte ist, ist eintweder begerung des fleisches
oder begerung der augen oder hohe des lebens. Die
begerung des fleisches zu wollust, die begerung der augen zu
gute, die hohe des lebens zu ere sint geneiget. Das gut
bringet girung vnd geitigkeit, die wollust machet geilheit vnd.
vnkeuscheit, die ere bringet hochfart und rum Von gute
turstigkeit vnd forchte, von wollust bosheit vnd sunde, von
ere guft vnd eitelkeit mussen ie kumen. Kundestu das
vernemen, du wurdest eitelkeit in aller werlte finden; vnd
geschehe dir dann liebe oder leide, das wurdestu dann
gutlichen leiden, auch vns vngestrafet lassen. Aber als vil als
ein esel leiren kan, als vil kanstu die warheit vernemen.
Darvmb so sein wir so sere mit dir bekummert. Do wir
Pyramum den jungeling mit Tisben der meide, die beide ein
sele vnd willen hetten, schieden, do wir kunig Alexandrum
aller werlte herschaft entenigten, do wir Paris von Troja vnd
Helenam von Kriechen zerstorten, do wurden wir nicht also
sere als von dir gestrafet. Vmb keiser Karel, markgraven
Wilhelm, Dietrich von Berne, den starken Boppen vnd vmb
den hurnen Seifrid haben wir nicht so vil mue gehabet.
Aristotilem vnd Avicennam klagen noch heute vil leute,
dannoch sein wir vngemuet. Do Davit der gedultig vnd
Salomon, der weisheit schrein, starben, do wart vns mer
gedanket dann gefluchet. Die vor waren, die sint alle dahin;
du vnd alle, die nu sint oder noch werden, mussen alle
hinnach. Dannoch beleiben wir Tot hie herre!

  DER ACKERMAN. 
  Das XXXI. capitel.

Eigene rede verteiler dicke einen man vnd gerlich einen, der
ietzund eines vnd darnach ein anderes redet. Ir habet vor
gesprochen, ir seit etwas vnd doch nicht ein geist vnd seit
des lebens ende vnd euch sein alle irdische lant empfolhen.
So sprechet ir nu, wir mussen alle dahin, vnd ir Tot beleibet
hie herre. Zwo widerwertig rede mugen mit einander nicht
war gewesen. Sullen wir von leben alle dahin scheiden vnd
irdisch leben sol alles ende haben vnd ir seit, als ir sprechet,
des lebens ende, so merke ich: wann nimmer lebens ist, so
wirt nimmer sterbens vnd todes. Wo kumpt ir dann hin,
herre Tot? In himel muget ir nicht wonen, der ist gegeben
allein den guten geisten. Kein geist seit ir nach ewer rede.
Wann ir dann auf erden nimmer zu schaffen habet vnd die
erde nimmer weret, so musset ir gerichtes in die helle;
darinnen musset ir one ende krochen. Da werden auch die
lebendigen vnd die toten an euch gerochen. Nach ewer
wechselrede kan sich niemant gerichten. Solten alle irdische
ding so bose, snode vnd vntuchtig sein, als ir sprechet, so
musten sie von gote vntuchtig sein beschaffen vnd gewurket.
Des ist er von anfang der werlte nie gezigen. Tugent lieb
gehabet, bosheit gehasset, sunde vbersehen vnd gerochen
hat got vnz her. Ich glaube, hinnach tue er auch das selbe.
Ich han von jugent auf gehoret lesen vnd gelernet, wie got
alle ding gut beschaffen habe. Ir sprechet, wie alle irdische
leben vnd wesen sullen ende nemen; so sprichet Plato vnd
ander weissagen, das in allen sachen eines zeruttung des
andern berung sei vnd wie alle sache auf vrkunde sein
gebawet vnd wie des himels lauf, aller planeten vnd der
erden von einem in das ander verwandelt werde vnd ewig
sei. Mit ewer wankelrede, darauf niemant bawen sol, weller
it mich von meiner klage schrecken. Des berufe ich mich mit
euch an got, meinen heilant, herre Tot, mein verderber!
Damit gebe euch got ein boses amen!

  DER TOT. 
  Das XXXII. capitel.

Oft ein man, wann et der anhebet zu reden, im werde dann
vnderstossen, nicht aufgehoren kan. Du bist auch aus dem
selben stempfel gewurket. Wir haben gesprochen vnd
sprechen noch, damit wellen wir ende machen: die erde vnd
alle ir behaltung ist auf vnstetigkeit gebawet. In diser zeit ist
sie wandelber worden, wann alle ding haben sich verkeret,
das hinder hervur, das voder hin hinder, das vnder gen
berge, das ober gen tale. Das ebich an das rechte hat die
meist menige volkes gekeret. Zu feures flammen stetigkeit
kan icht alles menschliches geslechte getreffen; einen schein
zu greifen, einen guten, trewen, beistendigen freunt zu finden,
ist nahent gleich mugelich auf erden worden. Alle menschen
sint mer zu bosheit dann zu gute geneiget. Tut nu iemant icht
gutes, das tut er vns besorgend. Alle leute mit allem irem
gewurke sint vol eitelkeit worden. Ir leib, ir weib, ir kinder,
ir ere, ir gut vnd alles ir vermugen fleuchet alles dahin, mit
einem augenblicke verswindet es, mit dem winde verwischet
es, noch kan der schein noch der schate nicht beleiben.
Merke, prufe, sich vnd schawe, was nu der menschen
kinder auf erden haben: wie sie berg vnd tal, stock vnd stein,
awe vnd gefilde, der Alpen wiltnuß, des meres grunt, der
erden tiefe durch irdisches gutes willen durchgrunden in
regen, winden, doner, schawer, sne vnd in allerlei vngewiter,
wie sie schechte, stollen vnd tiefe funtgruben in die erden
durchgraben, der erden adern durchhawen, glanzerze
suchend, die sie durch seltsenkeit willen vur alle ding lieb
haben, wie sie holz wellen, gewant zewen, heuser den
swalben gleiche klecken, pflanzen vnd pelzen baumgarten,
ackern das ertreich, bawen weinwachs, machen mulwerk,
zunden zinsel, bestellen fischerei, weitwerk vnd wiltwerk,
grosse herte vihes zusamen treiben, vil knechte vnd meide
haben, hohe pfert reiten, goldes, silbers, edel gesteines,
reiches gewandes vnd allerlei ander habe heuser vnd kisten
vol haben, wollust vnd wunnen pflegen, darnach sie tag vnd
nacht stellen vnd trachten. Was ist das alles? Das alles ist
eitelkeit vber eitelkeit vnd beswerung der sele, vergenglich et
als der gesterig tag, der vergangen ist. Mit kriege vnd mit
raube gewinnen sie es; wann ie mer gehabet, ie mer
geraubet. Zu kriegen vnd zu werren lassen sie es nach in. O
die totliche menscheit ist stete in engsten, in trubsal, in leide,
in besorgen, in forchten, in scheuhung, in weetagen, in
siechtagen, in trauren, in betrubnuß, in jamer, in kummer vnd
in mancherlei widerwertigkeit; vnd ie mer ein man irdisches
gutes hat, ie mer im widerwertigkeit begegent. Noch ist das
das aller groste, das ein mensche nicht gewissen kan, wann,
wo oder wie wir vber es vrplupfling fallen vnd es jagen, zu
laufen den weg der totlichen. Die burde mussen tragen
herren vnd knechte, man vnd weib, reich vnd arm, gut vnd
bose. O leidige zuversicht, wie wenig achten dein die
tummen! Wann es zu spate ist, so wellen sie alle frum
werden. Darvmb laß dein klagen, sun! Trit in welchen orden
du wilt, du findest gebrechen vnd eitelkeit darinnen. Iedoch
kere von dem bosen vnd tue das gute, suche den fride vnd
tue in stete; vber alle irdische ding habe lieb rein vnd lauter
gewissen! Vnd das wir dir rechte geraten haben, des komen
wir mit dir an got, den ewigen, den grossen vnd den starken.

  Des fursten rede von vil selden, des almechtigen gotes
  vrteil. 
  Das XXXIII. capitel.

Der lenze, der sumer, der herbest vnd der winter, die vier
erquicker vnd hanthaber des jares, die wurden zwifertig mit
grossen kriegen. Ir ieder rumte sich, vnd wolte ieglicher in
seiner wurkung der beste sein. Der lenze sprach, er
erquickte vnd machte guftig alle fruchte; der sumer sprach,
er machte reif vnd zeitig alle fruchte; der herbest sprach, er
brechte vnd zechte ein beide in stedel, in keller vnd in die
heuser alle fruchte; der winter sprach, er verzerte vnd
vernutzte alle fruchte vnd vertribe alle gifttragende wurme.
Sie rumten sich vnd kriegeten faste; sie hetten aber
vergessen, das sie sich gewaltigter herschaft rumten.
Ebengleiche tut ir beide. Der klager klaget sein verlust, als
ob sie sein erberecht were; er wenet nicht, das sie im von
vns were verlihen. Der Tot rumet sich herschaft, die er doch
allein von vns zu lehen hat empfangen. Der klaget, das nicht
sein ist; diser rumet sich herschaft, die er nicht von im selber
hat. Iedoch der krieg ist nicht gar one sache: ir habet beide
wol gefochten. Den twinget leit zu klagen, disen die
anfechtung des klagers, die warheit zu sagen. Darvmb:
klager, habe ere, Tot, habe sige, seit ieder mensche das
leben dem Tode, den leib der erden, die sele vns pflichtig ist
zu geben.

  Hie bittet der ackerman vur seiner frawen sele. Der
  roten buchstaben der grosse nennet alse den klager.
  Dis capitel stet in eines betes weise vnd ist das
  XXXIIII. capitel.

Immer wachender wachter aller werlte; got aller goter; herre
wunderhaftiger; herre aller herren,. almechtigster aller geiste;
furste aller furstentume; brunne, aus dem alle gutheit fleusset,
heiliger aller heiligen; kroner vnd die krone; loner vnd der
lon; kurfurste, in des kure sten alle kure; wol im wart wer
manschaft von dir empfehet! Der engel freude vnd wunne;
eindruck der aller hochsten formen: altgreiser jungeling,
erhore mich! 

O licht, das da nicht empfehet ander licht; licht, das da
verfinstert vnd verblendet alles auswendiges licht; schein, vor
dem verswindet aller ander schein; schein, zu des achtung
alle licht sint finsternuß; licht, zu dem aller schein ein schate
ist, dem alle finsternuß licht sint, dem aller schate erscheinet;
licht, das in der beginstnuß gesprochen hat: werde licht!;
fewer, das vnuerloschen alweg brinnet; anfang vnd ende,
erhöre mich! 

Heil vnd selde vber alles heil vnd selde; weg one allen irrsal
zu dem ewigen leben, bestes, one das dann nicht bessers ist;
leben, dem alle ding leben; warheit vber alle warheit,
weisheit, vmbsliessende alle weisheit; aller sterke gewaltiger;
rechtes vnd gerechter hant beschawer; widerbringer aller
bruche; ganz vermugender in allen kreften; nothaft, zu dem
alle gute ding als zu dem weisel der bin nehen vnd halten
sich; vrsache aller sache, erhore mich! 

Aller seuchten widerbringender arzet; meister aller meister;
allein vater aller schepfung; alweg vnd an allen enden
gegenwurtiger zuseher; aus der muter leibe in der erden gruft
selbmugender geleiter; bilder aller formen; gruntfeste aller
guten werke; aller werlte warung; hasser aller vnfletigkeit,
loner aller guten dinge; allein rechter richter; einig, aus des
anfange alle sache ewiglich nimmer weichen mag, erhore
mich! 

Nothelfer in allen engsten; fester knote, den niemant
aufbinden mag; volkumenes wesen, das aller volkumenheit
mechtig ist, aller heimlicher vnd niemandes wissender sachen
warhaftiger erkenner; ewiger freuden spender, irdischer
wunnen storer; wirt, ingesinde vnd hausgenosse aller guten
leute; jeger, dem alle spor vnuerborgen sint; aller sinne ein
feiner einguß; rechter vnd zusamenhaltender mittel aller
zirkelmasse; genediger erhorer aller zu dir rufender, erhore
mich! 

Nahender beistendiger aller bedurftigen; traurenwender aller
in dich hoffender; der hungerigen widerfuller, satung der
durstigen, labung der kranken; sigel der aller hochsten
maiestat; besliessung des himels armonei; einiger erkenner
aller menschen gedanke; vngleicher bilder aller menschen
antlitze; planete gewaltiger aller planeten; ganz wurkender
einfluß alles gestirnes; des himels hofes gewaltiger vnd
wunnesamer hofemeister; twang, vor dem alle himelische
ordenung aus irem geewigten angel nimmer treten mag; lichte
sunne, erhore mich! 

Ewige lucerne; ewiges immerlicht; rechte farender marner,
des kocke vndergeet nimmer; banierfurer, vnder des banier
niemant sigelos wirt; der helle abgrundes stifter; der erden
klosses bawer; des meres strames tremer; der luft
vnstetigkeit mischer; des feures hitze kreftiger, aller elemente
tirmer; doners, blitzens, nebels, schawers, snees, regens,
regenbogens, miltawes, windes, reifes vnd aller irer
mitwurkung einiger essemeister; alles himelischen heres
gewaltiger herzog; vnuersagenlicher keiser; aller
senftiglichster, aller sterkster, aller barmherzigster schepfer,
erbarme dich mein vnd erhore mich! 

Schatz, von dem alle schetze entspriessen; vrsprung, aus
dem alle reine ausflusse fliessen; leiter, nach dem niemant
irre wirt; aus nichte ichts, aus ichte nichts allein vermugender
wurker; aller weilwesen, zeitwesen vnd immerwesen ganz
mechtiger erquicker, aufhalter vnd vernichter, des wesen
joch, als du in dir selber bist, ausrichten, visieren, entwerfen
vnd abnemen niemant kan; ganzes gut vber alles gut; aller
wirdigster ewiger herre Ihesu, empfahe genediglichen den
geist, empfahe gutlichen die sele meiner aller liebsten frawen!
Die ewigen ruwe gib ir, mit deiner genaden tawe labe sie,
vnder den schaten deiner flugel behalt sie! Nim sie, herre, in
dein volkumen genuge, da genuget den minsten als den
meisten! Laß sie, herre, von dannen sie kumen ist, wonen in
deinem reiche bei den ewigen seligen geisten! 

Mich rewet Margaretha, mein auserweltes weib. Gunne ir,
genadenreicher herre, in deiner almechtigen vnd ewigen
gotheit spiegel sich ewiglichen ersehen, beschawen vnd
erfrewen, darin sich alle engelische kore erleuchten! 

Alles, das vnder des ewigen fanentragers fanen gehoret, es
sei, welcherlei creature es sei, helfe mir aus herzen grunde
seliglichen mit innigkeit sprechen: amen!