(Übersetzung) 1. [...] Huius enim linguae barbaries ut est inculta et indisciplinabilis atque insueta capi regulari freno grammaticae artis, sic etiam in multis dictis scriptio est propter literarum aut congeriem aut incognitam sonoritatem difficilis.
2. Nam interdum tria u u u, ut puto, quaerit, in sono priores duo consonantes, ut mihi uidetur, tertium uocali sono manente; interdum uero nec a, nec e, nec i, nec u uocalium son os praecauere potui: ibi y grecum mihi uidebatur ascribi. Et etiam hoc elementum lingua haec horrescit interdum, nulli se caracteri aliquotiens in quodam sono, nisi difficile, iungens;
3. k et z sepius haec lingua extra usum latinitatis utitur, quae grammatici inter litteras dicunt esse superfluas. Ob stridorem autem interdum dentium, ut puto, in hac lingua z utuntur, k autem ob fautium sonoritatem.
4. Patitur quoque metaplasmi figuram nimium, non tamen assidue, quam doctores grammaticae artis uocant sinalipham, et hoc nisi legentes praeuideant, rationis dicta deformius sonant, literas interdum scriptione seruantes, interdum uero ebraicae linguae more uitantes, quibus ipsas litteras ratio ne sinaliphae in lineis, ut quidam dicunt, penitus amittere et transilire moris habetur; non quo series scriptionis huius metrica sit subtilitate constricta, sed schema omoeoteleuton assidue quaerit.
5. Aptam enim in hac lectione et priori decentem et consimilem quaerunt verba in fine sonoritatem, et non tantum per hanc inter duas uocales, sed etiam inter alias literas saepissime patitur conlisionem sinaliphae, et hoc nisi fiat, extensio sepius literarum inepte sonat dicta uerborum. Quod in communi quoque nostra locutione, si sollerter intendimus, nos agere nimium inuenimus.
6. Quaerit enim linguae huius ornatus et a legentibus sinaliphae lenem et conlisionem lubricam praecauere et a dictantibus omoeoteleuton id est: consimilem uerborum terminationem obseruare.
7. Sensus enim hic interdum ultra duo uel tres uersus uel etiam quattuor in lectione debet esse suspensus, ut legentibus, quod lectio signat, apertior fiat.
8. Hic sepius i et o ceteraeque similiter cum illo uocales simul inueniuntur inscriptae, interdum in sono diuisae uocales manentes, interdum coniunctae, priore transeunte in consonantium potestatem.
9. Duo etiam negatiui, dum in latinitate rationis dicta confirmant, in huius linguae usu pene assidue negant, et quamuis hoc interdum praecauere ualerem, ob usum tamen cotidianum, ut morum se locutio praebuit, dictare curaui.
10. Huius enim linguae proprietas nec numerum nec genera me conseruare sinebat. Interdum enim masculinum latinae linguae in hac feminino protuli, et cetera genera necessarie simili modo permiscui; numerum pluralem singulari, singularem plurali uariaui et tali modo in barbarismum et soloecismum sepius coactus incidi.
11. Horum supra scriptorum omnium uitiorum exempla de hoc libro theotisce ponerem, nisi inrisionem legentium deuitarem; nam dum agrestis linguae inculta verba inseruntur latinitatis planitiae, chachinnum legentibus prebent.
12. Lingua enim haec uelut agrestis habetur, dum a propriis nec scriptura nec arte aliqua ullis est temporibus expolita, quippe qui nec historias suorum antecessorum, ut multae gentes caeterae, commendant memoriae, nec eorum gesta uel uitam ornant dignitatis amore.
13. Quod si raro contigit, aliarum gentium lingua, id est: Latinorum uel Grecorum, potius explanant; cauent aliarum et deformitatem non uerecundant suarum. Stupent in aliis uel litterula parua artem transgredi, et pene propria lingua uitium generat per singula verba.
14. Res mira tam magnos uiros, prudentia deditos, cautela praecipuos, agilitate suffultos, sapientia latos, sanctitate praeclaros cuncta haec in alienae linguae gloriam transferre et usum scripturae in propria lingua non habere.
15. Est tamen conueniens, ut qualicumque modo, siue corrupta seu lingua integrae artis, humanum genus auctorem omnium laudent, qui plectrum eis dederat linguae uerbum in eis suae laudis sonare, qui non uerborum adulationem politorum, sed quaerit in nobis pium cogitationis affectum operumque pio labore congeriem, non labrorum inanem seruitiem. [...]
(2) Denn manchmal verlangt sie, wie ich vermute, drei u, beim Sprechen sind dann die beiden ersten, wie mir scheint, Konsonanten, während der dritte ein Vokal bleibt; gelegentlich aber habe ich die Vokale a, e, i und u schreiben müssen (ohne daß damit der eigentliche Laut deutlich bezeichnet wird): dort schien es mir richtig, ein y dazuzuschreiben. Aber auch diesem Buchstaben (und seiner Lautqualität) verweigert sich diese Sprache manchmal, bei einem gewissen Laut läßt sie sich überhaupt nur schwer mit einem bestimmten Buchstaben verbinden;
(3) k und z, Buchstaben, die die Grammatiker für überflüssig halten, verwendet diese Sprache sehr oft anders als das Lateinische. z gebraucht man manchmal, wie ich vermute, in dieser Sprache wegen des Zischens zwischen den Zähnen, k dagegen wegen seines Rachenlauts.
(4) Diese Sprache duldet auch sehr oft, wenn auch nicht immer, die Figur des Metaplasmus, die die Grammatiklehrer Synalöphe nennen; wenn der Leser sie nicht beachtet, dann klingen die Worte einer Rede sehr häßlich; manchmal bewahrt man die Buchstaben beim Schreiben, manchmal unterdrückt man sie wie in der hebräischen Sprache, in der es üblich ist, wie manche sagen, gerade diese Buchstaben beim Schreiben nach Art der Synalöphe auszulassen und zu übergehen, womit nicht (gesagt sein soll,) daß der Text des ›Evangelienbuchs‹ durch ein strenges Metrum gebunden ist, vielmehr verlangt er regelmäßig nur den Endreim.
(5) Denn in diesem Buch erfordern die Wörter am (Langzeilen)ende einen Klang, der zu dem (am Ende der ersten Halbzeile) voraufgehenden paßt und ihm ähnlich ist; dadurch duldet diese Sprache nicht nur zwischen zwei Vokalen, sondern sehr oft auch zwischen anderen Buchstaben eine Verschmelzung durch Synalöphe; wenn das nicht geschieht, läßt die Ausdehnung der Buchstaben(reihe) die Wörter sehr häufig ungereimt erklingen. Wir können, wenn wir genau darauf achten, feststellen, daß wir auch beim Sprechen sehr oft so verfahren.
(6) Der Schmuck dieser Sprache verlangt vom Leser, daß er die (allzu) leichte und glatte Verschmelzung durch Synalöphe vermeidet, und vom Schriftsteller, daß er auf den Endreim, d.h. auf einander ähnliche Wortschlüsse, achtet.
(7) Der Sinn (eines Satzes) muß hier manchmal zwei, drei oder auch vier Verse offenbleiben, damit dem Leser deutlicher wird, was der Text bezeichnet.
(8) Hier findet man sehr oft i, o und die übrigen Vokale mit i zusammen geschrieben, manchmal bleiben diese Lautfolgen der Aussprache nach getrennte Vokale, manchmal werden sie verbunden, wobei der erste konsonantische Qualität erhält.
(9) Auch bedeuten in dieser Sprache zwei Negationen fast immer Verneinung, während sie im Lateinischen eine Rede bekräftigen, und wenn ich dies auch hätte vermeiden können, so habe ich (in diesem Punkt) doch darauf geachtet, so zu schreiben, wie man tagtäglich spricht.
(10) Die Eigenart dieser Sprache hat es mir nicht erlaubt, den Numerus oder das Genus (lateinischer Wörter) beizubehalten. Manchmal habe ich nämlich ein lateinisches Masculinum durch ein fränkisches Femininum wiedergegeben und gezwungenermaßen auf ähnliche Weise auch die übrigen Genera ausgetauscht; den Plural habe ich in einen Singular, den Singular in einen Plural verwandeln und auf diese Weise sehr oft (den Fehler) eines Barbarismus und Solözismus machen müssen.
(11) Ich würde gern für alle genannten Fehler Beispiele aus diesem volkssprachlichen Buch bringen, wenn ich nicht das mitleidige Lächeln der Leser vermeiden wollte; denn wenn man die ungeschlachten Worte einer Bauernsprache in das gepflegte Latein einstreut, bringt man die Leser zum Lachen.
(12) Diese Sprache wird ja wie eine Bauernsprache eingeschätzt, weil sie von den Franken niemals durch schriftlichen oder irgendeinen künstlerischen Gebrauch verfeinert worden ist; denn sie überliefern nicht die Geschichte ihrer Vorfahren, wie viele andere Völker (es tun), geschweige denn daß sie ihre Taten und ihr Leben, in Anerkennung ihres Wertes, (dichterisch) gestalten.
(13) Wenn es, was selten ist, doch geschieht, dann drücken sie sich lieber in der Sprache anderer Völker, nämlich der Lateiner oder Griechen, aus; sie hüten sich dabei vor Fehlern in anderen Sprachen, nehmen sich aber vor Fehlern in der eigenen Sprache nicht in acht. Ängstlich sind sie bedacht, in den anderen Sprachen auch nicht mit dem kleinsten Buchstaben gegen die Regeln zu verstoßen, während ihre eigene Sprache fast in jedem Wort einen Fehler macht.
(14) Es ist schon erstaunlich, daß so bedeutende Männer, mit so großer Erfahrung, von so großer Sorgfalt, geistiger Beweglichkeit, hoher Weisheit und strahlender Heiligkeit diese Vorzüge ganz dem Ruhm einer fremden Sprache dienstbar machen, daß sie sich aber nicht im schriftlichen Gebrauch der eigenen Sprache üben.
(15) Gleichwohl bleibt es Pflicht aller Menschen, auf jede erdenkliche Weise, in verderbter wie in einer durch eine einwandfreie Grammatik gepflegten Sprache, den Schöpfer aller Wesen zu preisen, ihn, der ihnen das Instrument der Sprache verliehen hat, damit sie sein Lob er schallen lassen; der sich (von uns) nicht glatte Schmeichelreden, sondern fromme Gesinnung und die Fülle frommer Werke, nicht den leeren Dienst der Lippen wünscht . . .